Literaturtage
Theologische Fakultät
der Humboldt-Universität zu Berlin


04. 07. 2024 I 16:15-17:45uhr
»Kirche. Macht. Missbrauch.
Entmachtet diese Kirche und gebt sie den Menschen zurück«
Gespräch mit der Künstlerin und Autorin
Lisa Kötter, Maria 2.0"-Initiatorin.

Kunststudium und Ausbildung in Freiburg, Kassel und Göttingen. Lisa Kötter hat vier erwachsene Kinder und drei Enkeltöchter. Sie lebt als freischaffende Künstlerin mit ihrem Ehemann heute wieder in Münster. Im Jahr 2019 hat sie die Bewegung Maria 2.0 mitinitiiert und engagiert sich seitdem bei vielen Aktionen.


»Wem gehört die Kirche? Ist es die Kirche der Kardinäle und Bischöfe? Nein, sie gehört uns Menschen! Entmachtet den Klerus!«, fordern Lisa Kötter und Maria Mesrian – die zwei bekannten Mitbegründerinnen der Bewegung Maria 2.0.

Die Aufdeckung von Machtmissbrauch monströsester Art erschüttert seit Jahren die römisch-katholische Kirche. Sexuelle Gewalt, Klerikalismus, Verschwendung und Empathielosigkeit gegenüber Opfern kirchlicher Gewalt machen die Menschen fassungslos.

»So grauenvoll die Verbrechen sind, so sehr erschreckt auch die gutachterlich dokumentierte Gewohnheit des hohen Klerus, diese Verbrechen zu vertuschen. Das Versprechen, die Kirche Jesu zu sein, wird gebrochen«, sagen Maria Mesrian und Lisa Kötter. Scham, Schmerz und Solidarität mit den Geschädigten – das sind angesichts der erschütternden Erkenntnisse die Gefühle vieler Katholikinnen und Katholiken. Hunderttausende sind in den letzten Jahren aus der Kirche ausgetreten.

Auch Lisa Kötter hat sich nach 61 Jahren entschieden, die römische Kirche zu verlassen. Als Christin kämpft sie jedoch weiter für Demokratisierung und Gleichberechtigung in der Kirche. Ihre Mitstreiterin Maria Mesrian ist noch Mitglied der römisch-katholischen Kirche und macht von innen Druck. Die beiden sind sich einig: Es braucht eine komplette Kehrtwende. »Wir alle müssen damit anfangen, diese Kirche endlich in Menschenorte zu verwandeln: in Aufwärmorte für die Heimatlosen, in Vertrauensorte, in Orte der gemeinsamen Suche und der Demokratie. Orte, die den Menschen und damit Gott dienen.«

Den Gläubigen empfehlen Kötter und Mesrian ein Ende des Gehorsams. Von den Kirchenoberen fordern sie: »Hört auf, die Sehnsucht der Menschen nach Gemeinschaft, Liebe, Gerechtigkeit und Freiheit zu missbrauchen! Der einzige Weg ist Solidarität und Teilhabe, damit die Bedürftigen nicht nur in gefühlvollen Sonntagsreden vorkommen! Verabschiedet euch von eurer vorgestrigen klerikalen Hierarchie, demokratisiert euch gefälligst und spart euch eure Betroffenheits-Routinen!«

07.07.2022 I 16:00-17:45Uhr  
Der Messias kommt nicht: Abschied vom jüdischen Erlöser
Lectures: Prof. Dr. Dr. h.c. Daniel Krochmalnik

Einführung in die Tagung: Prof. Dr. Andreas Feldtkeller 


Theologische Fakultät der
Humboldt-Universität zu Berlin,
Burgstraße 26, 10178 Berlin, Raum 117

Die Geschichte des Messias im Judentum ist eine Geschichte enttäuschter Hoffnungen. Immer wieder gab es Heilsfiguren, denen diese Rolle zugeschrieben wurde. Doch die Erlösung von Be-satzung und Fremdherrschaft, Exil, Unterdrückung und Verfolgung blieb aus. Deshalb geriet die Erwartung des Messias an die Peripherie jüdischer Theologie. Im Gang durch die jüdische Geistes-geschichte wird die Abkehr von einem personalen Messias und die Bekräftigung der Hoffnung der Propheten auf ein universales messianisches Zeitalter aufgezeigt. Dies betont die Pflicht aller Menschen, an der Heilung der Welt mitzuwirken.

Prof. Dr. Dr. h.c. Daniel Krochmalnik ist Geschäftsführender Direktor der School of Jewish Theology, Professor für Jüdische Religion und Philosophie an der an der School of Jewish Theology Universität Potsdam. Krochmalnik ist ein hervorragender Kenner der europäischen Philosophie und jüdischer Traditionen zugleich und leistet mit seinen doppelten Kompetenzen wichtige Beiträge zum gegenseitigen Verstehen von Judentum und Christentum in gemeinsamen Denktraditionen. Nach dem Besuch der Ecole Maimonide in Paris studierte er Philosophie und Judaistik in München, wo er 1988 promovierte. 1990 war Krochmalnik Dozent für jüdische Philosophie und Geistesgeschichte an der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg. Daran schloss sich – nach seiner Habilitation an der Karl-Ruprecht-Universität Heidelberg 1999 – eine Professur für jüdische Philosophie, jüdische Geistesgeschichte und jüdische Religionspädagogik an der Hochschule für Jüdische Studien an. Krochmalnik ist außerdem Privatdozent für Jüdische Philosophie an der Universität Heidelberg.Neben seiner religionspädagogischen Arbeit ist die Frage der Schrifthermeneutik und ihrer Methoden ein zweiter Forschungsschwerpunkt Krochmalniks. Von ihm stammen zahlreiche wissenschaftliche Publikationen zur jüdischen Schriftexegese, zur rabbinischen Literatur und jüdischen Religionsphilosophie, ebenso zur jüdischen Aufklärung und zum modernen jüdischen Denken.

Literaturtage
Theologische Fakultät
der Humboldt-Universität zu Berlin


11. 07. 2024
16:15-17:45uhr
»Das Mysterium Marias«
Dr. Isis von Plato, Paris

Philosophin und Übersetzerin

Isis von Plato studierte Kunstgeschichte in Nantes, London und Rom sowie Geschichte und Philosophie in Paris, M.A. in Geschichte, Studium der Philosophie, Literatur und religiösen Anthropologie in Paris (E.H.E.S.S.), wobei sie sich auf hermeneutische Traditionen, Poetik und den Prozess der Schöpfung konzentrierte. Promotion in Paris (Sorbonne) und Berlin (Freie Universität) über Schillers Ästhetische Erziehung des Menschen. Sie unterrichtet Ästhetik an der Sorbonne und Deutsch für Schüler in der Sekundarstufe in Paris.

Als Doktorin der Philosophie befasste sie sich in ihrer Forschungsarbeit mit der deutschen Aufklärung und der ästhetischen Erziehung Schillers, der über die Briefform eine Poetik des Dialogs entwickelt, in der die Ansprache konstitutiv für das Denken ist. Sie ist eine begeisterte Leserin von Goliarda Sapienza.

Isis von Plato ist deutsch-französischer Abstam-mung und übersetzt in beide Richtungen sowie aus dem Englischen ins Französische. Sie übersetzte unter anderem Mark Twain und John Berger, dessen Anthologie Portraits im Frühjahr 2019 im Verlag l'Ecarquillé erschienen.Übersetzung ins Französische: Hartmut Rosa, Demokratie braucht Religion.

07.07.2022 I 18:00-19:30Uhr  
1. Poetikvorlesung
»Islam und Gegenwart. Dekonstruktion des religiösen Denkens im Islam«

Prof. Dr. Ahmad Milad Karimi
Professor für Islamische Philosophie an der
Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

Wer dem religiösen Denken im Islam gerecht werden will, muss sich auf verflochtene Wege und Umwege der Denktraditionen begeben, dialogisch, kontrovers und dekonstruktiv. Denn der Islam zeigt sich als eine Verflechtung der Religion und Philosophie, des Glaubens und Denkens, des Monotheismus und Atheismus, der Offenbarung und Mythologie.

Theologische Fakultät der
Humboldt-Universität zu Berlin,
Burgstraße 26, 10178 Berlin, Raum 117

08.07.2022 I 18:00 – 19:30Uhr   
2. Poetikvorlesung
»Gott und Gegenwart.
Dekonstruktion der Gottesfrage im Islam«

Prof. Dr. Ahmad Milad Karimi
Professor für Islamische Philosophie an der
Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

Theologische Fakultät der
Humboldt-Universität zu Berlin,
Burgstraße 26, 10178 Berlin, Raum 117


09.07.2022 I 16:00 – 19:00Uhr  
3. Poetikvorlesung
»Offenbarung und Gegenwart. Dekonstruktion der Offenbarungsfrage im Islam«


Prof. Dr. Ahmad Milad Karimi
Professor für Islamische Philosophie an der
Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

Matthäus-Kirche, Matthäikirchplatz,
10785 Berlin

Ahmad Milad Karimi ist ein afghanisch-deutscher Religionsphilosoph, Islamwissenschaftler, Übersetzer des Koran, Dichter und Verleger. Mitherausgeber der Kalliope, Zeitschrift für Literatur und Kunst. Seit Juli 2016 ist er ordentlicher Professor für islamische Philosophie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. In der Liste seiner Veröffentlichungen finden sich Bücher mit Titeln wie „Osama Bin Laden schläft bei den Fischen“ oder „Warum es Gott nicht giabt und er doch ist“. Karimi überschreitet Grenzen, etwa die Grenzen von Religion und Popkultur, von Islam und Literatur, aber auch die Grenzen zwischen den Religionen, wenn er beispielsweise mit dem Benediktiner  Anselm Grün ein Gespräch führt und daraus ein Buch entsteht; es heißt: „Im Herzen der Spiritualität – wie sich Muslime und Christen begegnen können“.

Von September bis Dezember 2021 moderierte Karimi als Gastmoderator vier Sendungen der  Sternstunde Religion im Schweizer Radio und Fernsehen (SRF).
Seit Januar 2022 moderiert er die Sendung Sternstunde Religion neben Olivia Röllin im Schweizer Radio und Fernsehen.

Rumi-Preis 2015 für die Publikation "Hingabe.
Grundfragen der systematisch-islamischen Theologie"
Voltaire Preis 2019 für „Toleranz, Völkerverständigung und Respekt vor Differenz“
Deutscher Dialogpreis 2019 in der Kategorie „Wissenschaft und Bildung“

Literaturtage
Theologische Fakultät
der Humboldt-Universität zu Berlin


11. 07. 2024
18:00-19:30uhr
»Die Zukunft der Außenpolitik ist feministisch«
Vortrag mit Kristina Lunz

Kein Frieden ohne Feminismus. Was ist eigentlich 'Feministische Außenpolitik? Kann eine friedliche, faire und für alle Menschen sichere Welt erreicht werden - gerade in Zeiten des Krieges. Machtgebaren und Militär setzt Kristina Lunz Mediation, feministische Machtanalysen und Klimagerechtigkeit entgegen. Kann mit ihrem Entwurf das Gegeneinander der Nationen endlich abgelöst werden, und können dann alle mit weniger Konflikten und Ungerechtigkeit leben?

Kristina Lunz ist Unternehmerin, Autorin und Aktivistin. Sie ist Co-CEO des Centre for Feminist Foreign Policy (CFFP), das sie 2018 mitbegründete. Im Februar 2019 wurde sie von Forbes (Europa und DACH) unter die "30 unter 30" gewählt. Sie ist Young Leader der Atlantik Brücke, Ashoka Fellow, BMW Foundation Responsible Leader, Handelsblatt/BCG "Vordenker*innen 2020" und war eine der "100 Frauen des Jahres 2020" des Focus Magazin. Sie ist auch Mitglied der Advisory Group der Bill and Melinda Gates Foundations Goalkeepers Initiative zu den nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen.

2019/20 war Kristina Lunz externe Beraterin im Auswärtigen Amt und baute dort das feministische Netzwerk Unidas für den ehemaligen deutschen Außenminister Heiko Maas auf. Außerdem arbeitete sie zu Gender, Frieden und Extremismus für das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) in Yangon, Myanmar, sowie NYC und war für die lokale NGO Sisma Mujer in Bogotá, Kolumbien, zum Thema "Frauen, Frieden und Sicherheit" (WPS) tätig. Kristina hat zwei Master-Abschlüsse, sowohl vom University College London (MSc Global Governance und Ethics) als auch der University of Oxford (MSc Global Governance und Diplomacy). 2022 kehrte sie zu ihrer Alma Mater, der University of Oxford, als Research Fellow für Cybersicherheit zurück. Bildungsgerechtigkeit ist ihr ein Herzensanliegen, und sie spricht öffentlich über ihren Weg von einer Arbeiterfamilie in einem Dorf bis hin zum akademischen Erfolg in Oxford.

Kristina Lunz ist davon überzeugt, dass Frieden, Menschenrechte und Gerechtigkeit zusammen mit Außenpolitik betrachtet werden sollten, um eine Paradigmenverschiebung einzuführen: Kristina Lunz setzt Machtspiele und militärische Muske-lspiele mit Mediation in Friedensverhandlungen, feministischen Machtanalysen und Klimage-rechtigkeit entgegen. Realpolitik wird durch Utopien ersetzt, und es gibt genauso viele weibliche Botschafter wie männliche. Lunz' Kernbotschaft lautet daher: Kein Frieden ohne Feminismus.

08.07.2022 I 16:14-17:45Uhr
 »Versuch einer Poetik für das Anthropozän«

Lectures mit Dr. Andreas Weber

»Enlivenment« ist der Versuch einer grundsätzlich neuen Sichtweise auf das Zusammenspiel von Natur, Mensch und Ökonomie. Es muß sich ein neues Verständnis der vielfäl-tigen ökonomischen, ökologischen und sozialen Krisen, mit denen wir uns konfrontiert sehen, entwickeln. Der Mensch heute erfasst die Natur zwar zutiefst und beeinflusst sie, aber zugleich selbst von der Natur und dem »Wilden« durch-drungen ist und von ihm bestimmt wird. Im Sinne der Aufklärung implementiert er daher in den philosophischen Diskurs die Kategorie der »Lebendigkeit« als fundamentale Kategorie des Denkens. Nur wenn man lernt, nicht von »Kontrolle« zu sprechen, sondern von »Teilhabe«, sobald man vom Verhältnis Mensch/Natur spricht, ist der Boden für eine neue Ökonomie und eine wirkungsvolle Form der Krisenbewältigung geschaffen
Gespräch:
Moderation: Prof. Dr. Andreas Feldtkeller

Theologische Fakultät der
Humboldt-Universität zu Berlin,
Burgstraße 26, 10178 Berlin, Raum 117

Dr. phil. Andreas Weber,

geb. 1967 in Hamburg, studierte Biologie und Philosophie in Berlin, Freiburg, Hamburg und Paris. Er promovierte bei Hartmut Böhme (Berlin) und Francisco Varela (Paris) über "Natur als Bedeutung. Versuch einer semiotischen Theorie des Lebendigen". Journalistische Arbeiten seit 1994, vor allem für GEO, Merian, Die Zeit, Frankfurter Allgemeine Zeitung, National Geographic, mare, Greenpeace Magazin, Oya. 2003/2004 Lehrbeauftragter im Fach Journalistik an der Universität Hamburg (Seminar "Reportagepraxis").

Andreas Weber arbeitet als Schriftsteller und Journalist sowie als Hochschuldozent an der Universität der Künste Berlin. Er lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Berlin und in Italien. 

In seinen literarischen Sachbüchern setzt sich Weber für eine Überwindung der mechanistischen Interpretation von Lebensphänomenen ein. Organisches Dasein wird von ihm beschrieben als die kontinuierliche Selbsterschaffung fühlender, wertender und Bedeutung setzender Subjekte vor dem Hintergrund der Möglichkeit des Todes.


Preise
2006 Finalist beim Preis "Bergwelten" des Landes Tirol 
2010 Deutscher Reporterpreis Kategorie Essay
2012 Reportagepreis der Deutschen Gesellschaft für Ernährung DGE
2017 Nautilus Award Gold Medal Winner, Ecology & Environment (für das Buch "Matter and Desire")

Förderungen
Promotionsstipendium der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (1998-2001) 

Forschungsstipendium der Französischen Regierung (1998-1999)
Promotionsförderung (Druckkosten) der VG Wort (2003)
Arbeitsstipendium der Stiftung Dr. Robert und Lina Thyll-Dürr, Elba (2009)
Arbeitsstipendium des Mesa Refuge, Point Reyes, CA (2016)
Arbeitsstipendium der Bogliasco Foundation, Bogliasco, Genua (2016)
Arbeitsstipendium der Franz-Edelmaier-Residenz für Literatur und Menschenrechte (2017)