Hannes Langbein, Melaine McDonald, Künstlerisches Sym-posium 2012, Camaro Haus, Potsdamer Straße 98a, Berlin

Bodo von Plato. Fotografin: Shelley Sacks, Neue Galerie Kassel, 21

SHIN Hyo Jin. Otto Oscar Hernández Ruiz, Künstlerhof Frohnau
Fotograf: Karam Ghossein

Johanna Lamprecht. Fotograf: Christoph Arni   

Richard Schnell. Fotograf: Philipp Hunger 

St. Matthäus-Kirche. Matthäikirchplatz

Matthäikirchplatz. 10785 Berlin

Kloster auf Patmos

RICHARD SCHNELL Diplom Schauspieler und Sprecher. Fortbildungen in Schauspiel, Tanz- und Bewegungstheater an der Alice Salomon-Hochschule, Berlin an. Kursentwicklung für Stimme, Sprache und Lyrik in Zusammenarbeit mit Saskia Hoppe und internationalen Ensembles. In der langjährigen Zusammenarbeit mit der Regisseurin Elzbieta Bednarska spielte Schnell im Ballhaus Ost, Berlin und zuletzt den Mephisto in „Faust Fraktal“ der deutsch-polnischen Produktion, Breslau. In dem Versuch, auf die Lebendigkeit des gesprochenen Wortes zu vertrauen, arbeitet Richard Schnell gerade an einem neuen Format: “Biographisches Worttheater“. Den Anfang nimmt ein Stück über das Leben von Jacques Lusseyran und seiner Arbeit im französischen Widerstand, die er trotz seiner Blindheit gegen den Nationalsozialismus leistete.

JOHANNA LAMPRECHT ist Bratschistin und Projektgestalterin in künstlerischen Kontexten. Ihre künstlerische Ausbildung erhielt sie bei Roswitha Killian, Prof. Esther van Stralen sowie Prof. Ori Kam in Hamburg, Bremen und der Schweiz (Genf/Neuchâtel), die sie 2014 mit dem Bachelor of Music an der Hochschule für Künste Bremen abschloss. Innerhalb ihres Masterstudiums „Doing culture. Bildung und Reflexion kultureller Prozesse“ an der Universität Witten/Herdecke (D) forschte sie an der Schnittstelle von künstlerischer Praxis und wissenschaftlicher Reflexion u.a. zum ästhetischen Horizont von Morton Feldmans Rothko Chapel. Derzeit befindet sie sich im Promotionsstudium (Musikästhetik/Philosophie) zu Erkenntnismöglichkeiten des musikalischen Hörens.

OTTO OSCAR HERNÁNDEZ RUIZ in Havanna, Kuba 1976 geboren, erwarb er sein Diplom in Architektur an der Universität von Havanna, wo er bis 2002 als Architekt tätig war, bevor er ein Kunststudium an der Bauhaus-Universität in Weimar in 2004 aufnahm. Seither wirkt er interdisziplinär in Malerei, Zeichnung und Performance. Dabei interessiert ihn vornehmlich die Konstruktion und Dekonstruktion der eigenen Wahrnehmung seiner (Um-)Welt. Seine Arbeiten beschäftigen sich immer wieder mit dem aktuellen Verständnis von Landschaftsmalerei, wie Texturen und Farben unterschiedliche Stimmungen entfalten, eine komplexe räumliche Struktur sich ausdrückt.

klang der erde
lange nacht
der religionen berlin

sa · 2. september 2023 · 18–23 uhr
künstlerisches symposium
in der st. matthäus-kirche
matthäikirchplatz · 10785 berlin
stiftung-stmatthaeus.de
eintritt frei.

18.00uhr. Begrüßung
Hannes Langbein
Pfarrer St. Matthäus-Kirche, Direktor Stiftung St. Matthäus. Redakteur der Zeitschrift „kunst und kirche“. Präsident der Gesellschaft für Gegenwartskunst und Kirche „Artheon“ und Kunstbeauftragter der EKBO.

Performance
„Domenica – Sonntag“
SHIN Hyo Jin . Otto Oscar Hernández Ruiz

SHIN Hyo Jin und Otto Oscar Hernández Ruiz verbinden sich interdisziplinär zu einer Raum-Klang-Performance, die assoziativ erinnert an zeremonielle Begehungen, Rituale von narrativem Zusammenkommen und einer gemeinsam erlebten Katharsis. Jeder Raum inspiriert ihre auf Improvisation basierende Interpretation ihrer Quellen neu

Vortrag und Gespräche
Bodo von Plato
„Archipele der Zukunft-eine andere Welt hat begonnen.
Gedanken zum ethischen Individualismus“


Der Spalt zwischen Denken und Handeln ist groß geworden. Die Krisenlage der Welt entspringt diesem Bruch. Wir wissen so viel und handeln nicht danach. Brauchen wir eine neue Wissenschaftstheorie, einen neuen Erkenntnisgrund? Perspektiven einer epistemologischen Revolution.

Die Beziehung zwischen Denken und Handeln scheint darüber zu entscheiden, ob Regeln und Normen menschliches Handeln bestimmen oder individuelle Menschlichkeit die Ethik. Angesichts einer zunehmend zerstörten Natur wächst der Ruf nach achtsamer Verbindung zur begegnenden, zur wahrgenommenen Welt – und viele empfinden das heute immer stärker, wir sagen und hören es immer wieder und wieder, nicht nur von denen, die zukünftig mit den Folgen einer abstrakt beherrschten Welt leben müssen. In den späten 1970er-Jahren formulierte Hans Jonas aus dieser Erkenntnis eine Ethik des ökologischen Bewusstseins: „Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlungen verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden“. Also noch vor dem eigentlichen Beginn der ökologischen Bewegung war deutlich, dass der Klimakrise eine Bewusstseins-krise vorausgeht – und damit auch, dass der Klimakrise natürlich nach ökologischen Maßnahmen, vor allem aber nach Bewusstseinsveränderung ruft. Und dies scheint heute nicht unbedingt im Vorstellen, eher aber im Wahrnehmen zu beginnen. Entscheidet die Gestaltung dieser Beziehung über die Art unseres In-der-Welt-Seins? Bedingt diese Beziehung die Qualität eines ethischen Individualismus, die Wirklichkeit oder Unwirklichkeit einer ‹Philosophie der Freiheit›?


 SHIN Hyo Jin. Otto Oscar Hernández Ruiz. Fotografin Nina Wiesnagrotzki

moderations - performance
shin hyo jin · otto oscar hernández ruiz

Gedankenaustausch und Diskussion
Bodo von Plato, Teilnehmer.innen, Künstler.innen
Jasmin Mausolf und Rosa Schinagl (Moderation)

20:30uhr
Apokalypse. Die Enthüllung durch Johannes.
Hörmeditation in Wort und Klang.
Johanna Lamprecht . Richard Schnell

Die Apokalypse des Johannes wird von Johanna Lamprecht (Musik) und Richard Schnell (Sprache) künst­lerisch so erschlossen, dass sie frei von religiöser Zugehörig­keit oder theo­logischer Kenntnis zugäng­lich wird. Als Hör­meditation in Wort und Klang bieten die beiden Kunst­schaffenden die Mög­lich­keit, in die großen Imagi­nationen dieses zentralen Werks der Mensch­heitsgeschichte einzu­tauchen und diese selbst innerlich (mit) zu bilden – das Ringen um Selbst­erkenntnis inner­halb der weiten Bögen der Mensch­heits­entwicklung kann somit durch die schlichte In­szenierung ohne komplexes Bühnen­bild und effekt­volles Licht auf der inneren Seelen-Bühne meditativ erleb­bar werden


21:15uhr
pause


21:30uhr Apokalypse. Die Enthüllung durch Johannes.
Hörmeditation in Wort und Klang
Johanna Lamprecht und Richard Schnell

Performance „Domenica – Sonntag“
SHIN Hyo Jin
Otto Oscar Hernández Ruiz

ende ca. 22.30uhr



Das Unmögliche tun.
Motive und Erlebnisse aus der künstlerischen Arbeit
zur „Apokalypse des Johannes“

Der Sprecher Richard Schnell (Berlin) und die Bratschistin Johanna Lamprecht (Basel) arbeiten seit Sommer 2022 gemeinsam an der „Apokalypse des Johannes“. Im Folgenden werden einige Motive und Erlebnisse aus der künstlerischen Arbeit an diesem vielschichtigen Text der Menschheitsentwicklung geschildert. Der Ausgangspunkt der Apokalypse des Johannes, dem letzten Buch des Neuen Testaments, sind die Imaginationen des Johannes, die er auf der Insel Patmos empfängt: „Und ich hörte hinter mir eine Stimme – gewaltig wie eine Fanfare, die sagte: Was du erblickst, schreib in ein Buch“ (Apk 1, 10f.). Bereits darin liegen zwei Gesten, die für unsere Produktion zentral sind: Das Hören der Stimme – der gesprochene Text, ein so klangvoller Text, dass er auch musikalisch klingen darf – und das Erblicken großer Imaginationen, die aufgeschrieben werden sollen, sodass sie für die Menschheit mitteilbar sind. Bild und Klang, Erblicken und Hören treffen aufeinander. Mit welchem Blick sind diese Imaginationen sichtbar, erlebbar? In welchem Klang der Text, das imaginativ geschaute Geschehen, hörbar?

Innerhalb unserer künstlerischen Erarbeitung der Apokalypse suchen wir nach Wegen, das Imaginative, das Klangliche, die spirituelle Dimension des Textes künstlerisch aufzuschließen, da wir davon überzeugt sind, dass bereits im Hören und Klingen des Textes eine Wirklichkeit liegt. Den Text so in eine hörbare Form zu bringen, dass er für sich sprechen kann ist unser Ziel. Dafür braucht es ein künstlerisches Erschließen – dieser große Einweihungstext, der die Menschheitsentwicklung vom Vergangenen bis zum Zukünftigen offenbart, möchte bis in die physisch-künstlerischen Werkzeuge materialisiert werden. Richard Schnell setzt sich sprechend mit den Körperzentren und sechs Offenbarungen der Sprache auseinander; er wägt den Klang der Worte, den Rhythmus der Silben, die Farben der Vokale und Konsonanten ab. Johanna Lamprecht beschäftigt sich in der Konzeption ihrer eigens für diese Inszenierung entwickelten Improvisationen mit den Qualitäten der Intervalle und bezieht ihre Forschungserfahrungen zu den Erkenntnismöglichkeiten musikalischen Hörens mit ein. Aus diesen beiden Richtungen vom Wort und Klang kommend treffen die beiden Kunstschaffenden aufeinander und kreieren einen gemeinsamen Hör-Raum: nun ist der Text der Apokalypse hier innerhalb der physisch-sinnlichen Welt vernehmbar. Ich kann die Apokalypse hören. Wieviel Präsenz, Gegenwärtigkeit und geschärftes künstlerisches Instrumentarium es allein dafür braucht, zeigt sich spätestens dann, wenn die Apokalypse sich nicht mehr aus sich heraus mitteilt, sondern das Sprechen anfängt zu erklären, zu interpretieren, die Musik beginnt zu untermalen oder wir die Apokalypse aufführen. Die Apokalypse ist nicht aufführbar. Sie ist hörbar. Um diesen Hörraum, innerhalb dessen sich die Apokalypse ereignen kann, ringen wir. Wir versuchen, den Übraum des künstlerischen Sprechens und Klingens so zugänglich zu machen, dass der daraus entstehende Hörraum eine Erlebnisgrundlage für die Apokalypse bieten kann, der von Menschen in Freiheit betreten werden kann. Der Entschluss, die Apokalypse hörend zu erleben obliegt dem Willen jedes Einzelnen. Aus diesem Hörraum kann es möglich werden, in der eigenen Seele das imaginative Geschehen der Apokalypse mitzubilden – die Zuhörenden werden individuell mitschaffend. Der nun gemeinsam geschaffene Hörraum kann ein meditatives Feld für ein individuelles Erleben der in der Apokalypse entwickelten Imaginationen aufspannen.

Es gehört zu so einem Prozess, dass sich der Text dem Zugang auch verschließen kann – damit bleibt das Ringen, wie diese prophetischen Worte in Wort und Klang verkörpert werden können, lebendig. Die Schwelle vor diesem Tor der Einweihung ehrfürchtig zu wahren schärft unser künstlerisches Instrumentarium, ist ein notwendiger Widerstand. Sie konturiert die Intentionen und formt den Willen, in so eine Arbeit einzutreten. Wenn sich eine Figur, ein Bild entzieht, kann zudem die Zusammenarbeit eine Unterstützung sein: Ich darf mich von meinem Kollegen inspirieren lassen, seinem tastenden Forschen im Umgang mit dem Text folgen. Keiner geht diesen Weg allein, wir begegnen uns, tauschen uns aus, gestehen uns Unzulänglichkeiten, Fragen, Rätsel zu. À propos Gehen: Richard Schnell ist mit den Texten der Apokalypse im Gepäck von Berlin nach Basel gewandert und war auf der Insel Patmos und in der heutigen Türkei bei den sieben Gemeinden.  Die Auseinandersetzung mit der Apokalypse ist nicht nur im metaphorischen Sinne ein Weg. Was uns zu dieser Arbeit motiviert, ist, dass alle Fragen, Widrigkeiten und Versuche im Umgang mit diesem Text nur in einem Tun, das sich mit der Zukunft verbindet, gelöst werden können: „Man versteht die Apokalypse schlecht, wenn man sie nicht versteht als den Impulsgeber für die Zukunft, für das Handeln, für die Tat.“. Die Arbeit an der Apokalypse ist Zukunftsarbeit. Eine Zukunftsarbeit, die wir brauchen und vertiefen sollten. Eine Zukunftsarbeit ringt stets mit dem Unmöglichen, damit, das Unmögliche auf die Erde zu bringen. Und das Unmögliche, so zeigt es unsere künstlerische Arbeit, lässt sich nur tun. Johanna Lamprecht

SHIN Hyo Jin in Seoul geboren und in 1981 in die BRD immigriert, studierte klassische Europäische Musik und Biologie auf Lehramt in Berlin. Seit ihrer Jugend erlernte sie parallel klassische Koreanische Musik- und Performance-Künste. Seit 1994 führt sie in verschiedenen eigens gegründeten Ensembles diese auf und wirkt als Musikerin und Performerin in experimentellen, inter- und transkulturellen und zumeist interdisziplinären Projekten. Als Mitgründerin von Ensemble ~su kreiert sie seit 2012 zusammen mit dem Berliner Saxophonisten und Komponisten Peter Ehwald eine musikalische Welt, die zwischen Gu-Ak (Klassische Musik aus Korea), Mu-Ak (traditionelle Musik der Schamanen aus Korea), Jazz, Samulnori und zeitgenössischer improvisierter Musik oszilliert. Seit 2015 ergründet sie Wege zur Überschreitung von Grenzen zwischen akustischer Perkussionsmusik und Elektronischer Musik in Zusammenarbeit mit der Band Cindy Sizer a.k.a Syn3a (Tilman Porschütz, Mandy Mozart und Otto Oscar Hernández Ruiz). 2020 hat sie einen Austausch mit dem japanischen Produzenten DJ Scotch Egg a.k.a Scotch Rolex begonnen. Sie verbinden sich in ihrer Suche nach einer Musik jenseits von kulturellen Zuschreibungen und Sound-Kategorien. Sie ist Mitglied vom Künstlerkollektiv Daily Rhythms Collective in Graz, Österreich und Co-Kuratorin der Walden Performance-Reihe des KHF Berlin.

BODO VON PLATO studierte Geschichte, Philosophie und Pädagogik in Deutschland, Österreich und Frankreich, arbeitete mit schwerbehinderten Erwachsenen und war als Oberstufenlehrer in Paris tätig.Plato lebt in Berlin und arbeitet an einem Forschungs- und Aktionsprojekt zum gegenwärtigen Bewusstseins- und Mentalitätswandel.

spenden sind willkommen. ihre spende kann dabei allgemein oder aber mit einer konkreten zweckbestimmung gegeben werden. spenden können steuerlich geltend gemacht werden. auf wunsch erhalten sie ab einem betrag von 300,00 € eine spendenbescheinigung. bis zu diesem betrag reicht der kontoauszug, um die spende beim finanzamt gelten machen zu können.

Pay Pal:kunstplanbau@web.de

GLS BANK
kunstplan  bau e.V.
GENODEM1GLS
DE28430609674002194900